Comicreview: Kick-Ass Gesamtausgabe
Titel: Kick-Ass Gesamtausgabe
Herausgeber: Panini
Künstler: Mark Millar, John Romita Jr.
Art: Gesamtausgabe
Seiten: 208
Sprache: deutsch
Preis: 19.95€ / 49€ (lim. HC)
Rating: Its Hitgirl, Suckers!
Leseproben: Teil1 | Teil2
Bestellbar bei Panini (Hardcover – Als SC gibt es das scheinbar noch nicht).
Dass Kick-Ass für mich zum heissesten Scheiß gehört, der dieses Jahr sowohl im Kino als auch in Comics abging, dürfte ja für euch mittlerweile kein Geheimnis mehr sein. Die erste Ausgabe des zweiten Teils liegt jetzt auch schon zum Lesen bei mir bereit, aber ich wollte erstmal ein Review über die Gesamtausgabe zum Besten geben, bevor ich mich blogtechnisch darauf stürze.
Da ihr ja eben schon alle wissen solltet, worum es geht und dass ich da auch nicht mehr sonderlich objektiv drüber urteilen kann, wird dieses Review ein bisschen anders, als die bisherigen. Anstatt euch also den Mund mit Gründen wässrig zu quatschen, warum ihr dieses Comic überhaupt in euer Regal stellen solltet (wir halten einfach fest, dass ihr das müsst, okay?) , versuche ich mal den Comic mit dem Film zu vergleichen. Das alles wird nicht sonderlich in die Tiefe gehen, weil mir zum Einen momentan auch die filmische Umsetzung zum direkten Vergleich fehlt und ich zum Anderen auch gar nicht detailversessen genug bin, um da wirklich jede Seite mit jedem Frame vergleichen zu wollen oder können.
Es folgen massive Spoiler für Comic, als auch Film.
Das erste, was auffällt, wenn man beides genossen hat, ist, dass sich die Art der Erzählung grundlegend unterscheidet. Für den Film wurden neue Handlungsstränge geschrieben, die Reihenfolge der einzelnen Szenen ist anders und manches ist ein bisschen seichter bzw. wurde entschärft.
Dave Lezwski ist zu anfangs des Films der absolute Loser, zwischenzeitlich der schwule Freund seiner angebeteten Katie Deauxma, später ihr fester Freund und am Ende, durch seine Erfahrungen, gereift und ein starker Mensch. Ganz anders im Comic. Da ist Dave anfangs der absolute Loser, stalkt seine Katie und ist auch später der absolute Loser. Er gesteht nämlich seiner Katie, die mittlerweile auch einen Freund hat, dass er gar nicht schwul sei und nur so getan hätte, um in ihrer Nähe zu sein.
Ihr Freund verprügelt ihm und sie schickt ihm Bilder von sich, wie sie ihrem Freund einen bläst. Er onaniert weinend dazu.
Auch die Schlüsselszene, in der Dave sein Kostüm das erste mal ausprobiert, das Messer in den Bauch bekommt und wochenlang im Krankenhaus liegen muss. Im Film wirkt das relativ harmlos und Dave findet es sogar cool (er ist ja jetzt wie Wolverine), dass seine Knochen mit Metall verstärkt wurden. Im Comic ist das alles ein bisschen dramatischer, fast realistischer. Auch hier wird Dave erstochen und überfahren, schafft es aber sein Kostüm zu verstecken (im Film behauptete er, die Sanitäter hätten seine Kleidung ob des Blutes weg geworfen), allerdings führt das dazu, dass alle denken er sei nicht nur schwul, sondern eigentlich ein Stricher.
Die ganzen Szenen im Krankenhaus, die im Film recht schnell abgehandelt wurden, sind ein wichtiger Teil der Kick-Ass-Geschichte, markieren sie doch eigentlich den Punkt, in dem wir als Leser die Nachteile solcher Handlungen kennenlernen. Dave nämlich lag mehrere Wochen im Krankenhaus, sein Vater ist extrem deprimiert und die Kosten für die Behandlungen sind mittlerweile unermesslich hoch. Auch bekommen wir Einblicke in Daves Empfindungen, wie er während des Krankenhausaufenthaltes leidet, was er empfindet und wahrnimmt.
Eine andere wichtige Szene, die im Film als Schlüsselszene, im Comic mehr als Beiwerk, dient, ist die Szene mit dem brennenden Lagerhaus. Im Film denkt D’Amico, der im Comic übrigens Genovese heisst, ja, Kick-Ass sei für die Tötungen seiner, ich sag mal, Mitarbeiter verantwortlich, weswegen Red Mist ihm eine Falle stellen soll. Als sie dort ankommen steht das Lagerhaus allerdings schon in Flammen und durch ein Video, aufgenommen von Red Mist, erfährt D’Amico, dass eigentlich Big Daddy derjenige welcher ist und dass Kick-Ass vielleicht wissen könnte, wie man an ihn heran kommt.
Anders im Comic. Da brennt einfach ein prophanes Wohnhaus. Die beiden stürmen, eher auf Kick-Ass’ Initiative, hinein, um noch einen darin Verbliebenen zu retten. Zu dem Zeitpunkt, eigentlich schon die ganze Zeit über, weiss Genoveses (D’Amico) längst, dass Big Daddy der Gesuchte ist.
Und jetzt der gravierenste Unterschied, der dem Film und vor allem der ganzen Hintergrundgeschichte von Big Daddy und Hit-Girl, eine ganz andere Note gibt. Im Film werden Big Daddy und Kick-Ass ja später gefoltert, was D’Amico per Livestream ins Internet übertragen lässt, um ein Zeichen zu setzen, dass man sich nicht mit ihm anlegen sollte. Wir wissen zu diesem Zeitpunkt auch schon, dass Big Daddy früher mal ein Cop war, dessen Frau von D’Amico umgebracht wurde, weswegen er auf diese Weise auf Rache sinnt.
Das funktioniert insofern gut, als dass Big Daddy hier als richtig vollwertiger Held da steht und man seine Handlungsweise nicht wirklich hinterfragen muss, ist doch der Schwerpunkt des Comics eher ein anderer. Es folgt eine der großartigsten Szenen dieses Kinojahres.
Im Comic allerdings ist das ganze ein bisschen schwerer verdaulich. Hier gesteht Big Daddy relativ früh, dass er eigentlich nur ein gelangweilter Buchhalter war, der nicht wollte, dass seine Tochter vor dem Fernseher verblödet. Also entführte er sie kurzerhand als Baby und bot ihr das Leben eines Superhelden, finanziert durch eine außergewöhnliche Comicsammlung. Genovese ist gelangweilt und lässt Big Daddy auf einem halbseitigen Panel in Großaufnahme durch einen Kopfschuß hinrichten. Kick-Ass wird nun allein, ohne Zuschauerbeteiligung, gefoltert.
Wie ihr seht, gibt das nicht nur der Origin von Big Daddy und Hit-Girl einen ganz anderen Ton, sondern auch der ganzen Geschichte selbst.
Der Endkampf ist natürlich auch ganz anders, denn statt eines Jetpacks und einer anderen großartigen Kampfszene gibt es hier Flammenwerfer und weniger Kampf. Dafür aber wesentlich brutaleren, da die kleine Mindy hier von Genovese mit einem Fleischerhammer bearbeitet wird. Dafür muss Kick-Ass allerdings nicht mittöten und verwundet gerade mal einen Handlanger schwer, was für mich zu einer recht guten Aussage führt und auch ein bisschen konsistenter wirkt – nämlich dass Dave, und wahre Superhelden sowieso, nicht tötet. Dafür ist der Endkampf mit Red Mist auch erfrischen kurz und kaum von Belang.
Am Ende kommt Mindy, Hit-Girl, dann zurück zu ihrer Mutter, die den Polizisten, Marcus, der mit dem Fall beauftragt war, schon geheiratet hat und mit ihm zusammenlebt. Die kleine Mindy bekommt also endlich ihr verdientes, trautes Heim. Im Film war das ein bisschen anders, aber vor allem bekam Marcus eine größere Rolle, als Big Daddies Exkollege.
Ja, und nun? Film oder Comic?
Beides, keine Frage! Eine der wichtigsten Sätze, sowohl in Film, als auch im Comic, lautet (sinngemäß), dass manche Dinge nur im Comic und nicht im Film funktionieren. Sei es nun Galactus’ rosanes Kostüm oder eben die Hintergrundgeschichte von Big Daddy. Es ist nicht schlimm, wenn Dinge anders gemacht werden, solange sie trotzdem gut, oder in diesem Fall total awesome, gemacht werden.
Man kann auch, so wie ich es gemacht habe, wunderbar zuerst den Film sehen und erst anschließend den Comic lesen. Das ändert kaum etwas anden Erlebnissen. Man erkennt sicher die Charaktere, aber, obwohl die Geschichten so viel gemeinsam haben, so unterschiedlich sind sie auch. Nicht zuletzt wegen der grundsätzlichen Aussage der beiden Versionen, die dann doch relativ unterschiedlich sind.
Fazit?
Ich spreche hier eine klare Kaufempfehlung aus. Der Comic ist einfach nur derbe und extrem explizit, was mir ja immer besonders viel Spaß bereitet. Die Zeichnungen sind anfangs vielleicht gewöhnungsbedürftig, unterstreichen den Stil aber ganz herrlich. Es wimmelt auch nur so vor popkulturellen Anspielungen und der Humor ist einfach grandios. Wie gesagt: kaufen, lesen, nochmal lesen und einen guten Platz im Comicregal dafür reservieren.
Ich kann tatsächlich auch diese Version sehr empfehlen, weil ihr hier nicht nur die gesamte Story in einem Band habt, was sich ja in Bücherregalen immer besser macht, sondern auch, weil ihr am Ende noch einiges an Covern und sogar ein Best-Of-Kick-Ass habt.
Disclaimer: Meine Freunde von Panini haben mir den Band einfach geschickt, weil sie wissen, was mir gefällt. Danke!
3 Comments
David · 26. Oktober 2010 at 12:16
Hab hier übrigens Band 1 auf Deutsch liegen, brauche ich nicht mehr, da ich auch die Gesamtausgabe auf Englisch habe. Will jemand? 😛
Vergleich mal Wanted mit dem Film! Da wirst du Spaß haben.
Marco · 26. Oktober 2010 at 12:18
David: Ich mag Angelina Jolie nicht :/
David · 26. Oktober 2010 at 15:06
Dito.