Comicreview: “X” von Charles Burns

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Originaltitel: X
Herausgeber: Reprodukt
Veröffentlicht: 29.01.2012
Künstler: Charles Burns
Art: Hardcover (Band 1 von “X’ed Out”)
Seiten: 56
Sprache: deutsch
Preis: 18 €
U-Bahnlesetauglichkeit: Leider zu groß und ein bisschen zu schwer
Rating: 9 von 10 Eiern bleiben beim Transport heil

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Charles Burns, zuletzt wieder äußerst erfolgreich mit “Black Hole” unterwegs gewesen, hat eine neue Serie, die zwar keinen eigenen Namen trägt, aber mit “X” anfängt. Die Geschichte ist schlicht und schnell erzählt: Der Teenager Doug hat eine mysteriöse Kopfwunde, fiebert sich durch verschiedene, absurde und völlig surreale Fantasien und alles ist so abgefahren abgedreht, dass ich es nicht nur nicht beschreiben kann, sondern auch gar nicht weiß, was ich darüber erzählen soll. Was ich dann aber doch zusagen haben werde, könnt ihr in folgender Comicreview nachlesen.

Das klang jetzt aber ein bisschen arg kritisch

Ungewollt! Das Buch ist fantastisch und der Aspekt, dass man dabei gar nicht so richtig viel versteht, ist genau das, was es ausmacht. Es ist ja nicht so, dass man da gar nicht durchsteigt und immer im Unklaren gelassen wird. Viel mehr ist es nämlich so, das Doug in diese albtraumhafte Welt steigt und dort Dinge sieht, die Erinnerungen in ihm wachrufen, in denen man diese Dinge wieder erkennt. Sei es das dem ertrinken nahe seiende Wesen an dem Baumstamm im Fluss, oder ein alter Mann im Fenster eines Altersheims. Ihr seht, die Geschichte ist alles andere als linear erzählt und wirft am Ende mehr Fragen auf, als sie Antworten gibt, aber der Weg dahin ist spannend und auf eine sehr, sehr, sehr angenehme Art verwirrend. Was hat es mit dem Mädchen auf sich, einer Fotografin, die Doug liebte? Was ist mit dem Schweinefötus, der Koloniekönigin, dieser ganzen subtilen Selbstzerstörung, die Doug da scheinbar an sich betrieben hat. Was ist das für eine Kopfwunde und wo kommt sie her – und noch viel wichtiger: Was hat es mit den rotgescheckten Eiern auf sich, die das ganze Buch zu bestimmen scheinen? Und warum nimmt Doug so viele Pillen?

Die Erinnerungen, die er durchlebt, scheinen mitunter willkürlich zu sein, aber ständig hat man hier das Gefühl, dass da etwas Großartiges dahintersteckt. Die Welt, durch die er in seinem Bademantel läuft und die vermutlich seiner Fantasie entstammt und von einem Trauma geformt wurde, ist wirr, eklig, schmutzig und keine, in der man selbst gern gefangen wäre.

Du kannst uns also gar nichts über das Buch sagen, aber wir sollen es lesen?

Im Prinzip ist es das, was ich damit sagen möchte. Ich verstehe nichts, finde das aber alles angenehm grotesk. Zusammenhänge der Geschichte werden erst später etwas klarer, ohne den Nebel komplett zu lichten. Das mag sicher daran liegen, dass es eine Fortsetzung gibt, die seit einem guten Monat veröffentlicht ist.

Fazit: Lest es oder lest es nicht. Wenn euch meine kleine Review nicht abgeschreckt, sondern vielleicht ein wenig neugierig gemacht hat, wird die Geschichte genau euer Ding sein, wenn nicht, dann nicht. Ob es am Ende wirklich gut war, kann man vermutlich erst nach dem zweiten Buch sagen. Bis dahin kann man aber getrost behaupten, dass das hier alles ganz schön abgefuckt war (und für mich einer der besten Comics dieses Jahr) und das nicht nur, wegen der “Tim und Struppi”-ähnlichen Optik.

Disclaimer: Vielen Dank an Reprodukt für das Rezensionsexemplar.


2 Comments

Marcel · 18. Juli 2012 at 10:23

Rezensierst du Teil 2 auch noch?

Marco · 18. Juli 2012 at 21:55

@Marcel: Ich hab ihn noch nicht hier, aber wenn Reprodukt mich lässt, mach ich das super gerne. 😀

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