Comicreview: “Das Cape” von Joe Hill

Published by Marco on

Herausgeber: Panini
Veröffentlicht: 19.02.2013
Künstler: Joe Hill, Jason Ciaramella, Zach Howard
Art: A4 Softcover (beinhaltet “The Cape” komplett)
Seiten: 132
Sprache: deutsch
Preis: 16,95€
U-Bahnlesetauglichkeit: In der Bahn kann man sicher gut von seinem eigenen Cape träumen, mit dem man den ÖPNV umgehen kann
Rating: 4 von 5 gebrochene Kinderknochen

Kaufbar bei Amazon (englisch, deutsch – Partnerlink) oder direkt bei Panini, mit Leseprobe bei mycomics.

Vermutlich hegen wir im Geheimen alle den Wunsch nach der ein oder anderen Superkraft. Einige von uns würden vielleicht Gutes damit tun, andere Schlechtes. Vielleicht ist dieser Wunsch nach dem Besonderen tief in unserer Psychologie verankert, gibt es doch Geschichten von Helden mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, seit die Menschheit Geschichten erzählt. Was diese Einleitung mit dem Comic zu tun hat, wer eigentlich Joe Hill ist und wie ich das hier alles fand, könnt ihr in folgender Review nachlesen.

Und was hat die Einleitung nun mit diesem Comic zu tun?

Eigentlich nicht so viel, aber sie machte ein bisschen neugierig, oder? Auf jeden Fall erinnert er mich von der Thematik her sehr, sehr stark an “A God Somewhere“, der mit einer recht ähnlichen Ausgangssituation arbeitete und das Superheldenmotiv im Laufe der Geschichte immer weiter dekonstruierte. Hier ist es allerdings eher ein Familiendrama, statt wirklich eine Metamenschengeschichte.
Alles beginnt, als Eric mit seinem Bruder Nicky Räuber und Gendarme bzw. Superschurke und Superheld spielt. Erik spielt hierbei den Schurken und benutzt seine alte Schmusedecke, die seine Mutter entsprechend umnähte, als Cape. Ein Fehltritt später liegt Erik schwer verletzt im Krankenhaus und leidet fortan unter ganz schlimmen Kopfschmerzen.
Während seine Freundin, die ihm sein Bruder vorstellte, Karriere macht, scheint Erik nicht wirklich etwas auf die Reihe zu kriegen. Die beiden trennen sich, weil Erik auch vermutet, dass sie eine Affäre mit seinem Bruder hat, und er zieht wieder bei seiner Mutter ein, bei der er sein verschollenes Cape findet. Wohl auch aus sentimentalen Gründen wirft er es über und bemerkt, dass es ihm Macht verleiht. Macht sein Leben zum Positiven zu wenden, denn es schenkt ihm die Fähigkeit zu fliegen.

Zum Positiven? Ich dachte hier wird der Superheldenmythos auf höchst verstörende Art auseinander genommen?

Genau das, denn Erik sieht durch seine neue Fähigkeit die Chance, sich an allen zu rächen, die ihm jemals Unrecht antaten. Weil Erik aber niemals richtige Freunde fand und dem Bild eines kompletten Versagers gleicht, sind es seine Ex-Freundin, sein Bruder und seine Mutter, die sein Zorn auf brutalst mögliche Art trifft. Dabei spürt man im Verlauf des Comics, wie Erik immer mehr von seiner Menschlichkeit einbüßt, dafür aber immer weiter aufblüht. Während er endlich über die Macht zu verfügen scheint, sein Leben selbst zu kontrollieren, verliert er immer mehr von dem, was die wenigen Menschen in seinem Leben eigentlich an ihm mochte. Obwohl er eben das, was er vorher war, selbst nie mochte.

Und wer ist jetzt Joe Hill?

Tatsächlich ist Joe hill gar nicht der Autor dieses Comics, dafür aber der Autor der Kurzgeschichte, auf der er basiert und der Sohn von Stephen King. Das bedeutet aber gar nichts, außer, dass es ihm vielleicht die ein oder andere Tür öffnet. Vielleicht hat er das Schreiben von seinem Vater gelernt, vielleicht nicht. Ich weiß das nicht, aber es ist etwas, was man vermutlich einfach erwähnen muss, wenn man “The Cape” bespricht. Auf jeden Fall ist die Geschichte aber großartig. Sie ist böse, zerstörerisch und man erwischt sich dabei, wie man das Handeln von Erik, auch Dank der Rückblicke, nachvollziehen kann. Nicht, dass man es für richtig hält, aber man kann es nachvollziehen. Und irgendwann fliegt er, in den Händen eine Motorsäge haltend, auf ein fliegendes Flugzeug zu (Kein Spoiler, das sieht man auf dem Buchrücken).
Dabei ist die Geschichte auch wunderbar rund und so gut erzählt, dass man sich sehr leicht in der Psyche Eriks verliert, ohne dass jedoch zu viele Fragen beantwortet werden. Es fällt einem außerordentlich leicht Erik zu hassen, aber man erschreckt sich auch, wie gut man ihn versteht, bis man sich sogar selbst hinterfragt, wie man in seiner Situation agieren würde.

Und wird diese Brutalität auch optisch transportiert?

Die Zeichnungen sind hauptsächlich düster und traurig, was natürlich total Sinn macht, wird die Geschichte doch aus der Perspektive eines düsteren und traurigen Protagonisten erzählt. Alles ist sehr rau und grob und die beeindruckenden Stellen sind auf genau richtige Weise beeindruckend dargestellt. Besonders hervorzuheben ist hier aber auch die perspektivische Arbeit, die ganz wunderbar die Außerordentlichkeit der Fähigkeit des Fliegens unterstreicht. Kurz gesagt: Es passt einfach hinten und vorne.

Fazit: Der Vergleich mit “A God Somewhere” liegt natürlich klar auf der Hand, handeln doch beide Geschichten von gewöhnlichen Menschen, die auf einmal außergewöhnliche Fähigkeiten besitzen. Während “A God Somewhere” die Gesichte aber auf ei´ne globalere Ebene entwickelt, bleibt “Das Cape” auf einer eher privaten und direkten Ebene, treffen die Konsequenzen des Handels des Hauptcharakters eben sein näheres Umfeld, wobei diese natürlich auch nicht vor Unschuldigen halt machen. Aber eigentlich will ich beide Comics gar nicht zu sehr miteinander vergleichen, behandeln sie zwar das selbe Motiv, sind sie aber doch sehr unterschiedlich. “Das Cape” ist böse. Sehr böse. Er macht Sinn, ist bedrückend und gemein und vermutlich genau das richtige für Leute, die zu viele Superheldencomics gelesen haben und sich immer wunderten, wie normale Menschen stets zum Guten streben.

Disclaimer: Vielen Dank an Panini für das Rezensionsexemplar.

1 Comment

Arne · 1. März 2013 at 23:27

Puh, ich habs echt nur mit Bauchschmerzen lesen können. Ich glaube ja immer und immer wieder, dass es in jedem etwas Gutes gibt. Aber nicht im Eric. Der Zug ist abgefahren. Am Ende vom Krankenhaus habe ich ihn dann doch endlich aufgegeben.

Ich fand es nur schade, dass alles so schnell ging. Man huschte einfach nur noch von event zu event. Da hätte man echt gut nen Dreiteiler draus machen können oder besser sollen. Würde die Spannung massiv erhöhen und sogar echt gut zum Plott passen.

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