Tschüss Fastenzeit, willkommen Hedonismus!

Published by Marco on

(Diese Eggs Benedict haben nichts mit dem Artikel zu tun, aber ich wollte euch gerne mal zeigen, was für tolle Eggs Benedict ich einst aß)

Irgendwann dieses Jahr hatte ich ja mal vor, meine Fastenzeit mit Artikeln zu begleiten, aber irgendwann kurz danach hatte ich dazu einfach keine Lust mehr. Es ist jetzt ganz bestimmt nicht so, dass ich da aufgegeben hätte und einfach wie das von Sinnlichkeiten getriebene Tier, als das mich vermutlich Sigmund Freud gesehen hätte (didn’t read, lol), durch die Welt waberte, aber stellt euch vor: Man kann einfach nicht viel darüber erzählen, wenn es grundsätzlich einfach ganz gut läuft. Ich habe allerdings trotzdem ein paar Dinge festgestellt, an denen ich euch gern in der Retrospektive teilhaben lassen wollte.

Kurz nochmal zur Erinnerung, was ich mir damals, vor nunmehr knappen 6 Wochen, aufbürdete:
Ich wollte auf Fleisch verzichten, auf Süßigkeiten, auf Alkooooohohohol und Softdrinks, ich wollte keinen Kaffee mehr trinken und irgendwann gerne 40 Liegestütze können. Eigentlich sind das durch aus erreichbare Ziele, aber was bliebt am Ende davon übrig? Nun ja…

Vegetarische Ernährung klappt total super, wenn man sonst ganz gut funktioniert

Auf Fleisch zu verzichten ist für mich kein wirkliches Problem, ich sei denn, ich muss es. Für mich sind vegetarische Alternativen eine wirkliche Alternative und vor allem auch spannend, weil da kulinarisch sehr viel passiert und man einiges entdecken kann – von Konsistenzen über Texturen bis hin natürlich zu Geschmäckern. Das schreibe ich jetzt aber als jemand aus Berlin, wo man wirklich eine reichhaltige Fülle an vegetarischer Kost finden kann.
Das soll allerdings nicht heißen, dass Fleisch für mich gar nicht existiert. Ich kaufe es nur nicht selbst und bereite es auch nur ungern zu, weil ich Angst habe, gutes Fleisch zu versauen und danach die Küche auch nicht so angenehm riecht. Wenn meine Mutti mir aber Bouletten vorsetzt oder ihr Räuberfleisch, das vermutlich für Weltfrieden sorgen könnte, ist es mir auch egal, wo das Fleisch herkommt oder ob es fair gehandelt wurde. Aber so ist das eben grundsätzlich mit dem Essen – es ist eine sehr intime und private Angelegenheit, die man als allererstes mit sich selbst ausmachen muss.
Auftritt: Laktoseintoleranz.
Vor einer Weile war ich viel in Kantinen unterwegs und mittlerweile ist es ja auch üblich, dass es dort auch vegetarische Alternativen gibt, die etwas mehr als nur der blöde Beilagensalat sind. Das ist cool und schön und eine echt feine Sache. Das uncoole, unschöne und unfeine ist aber, dass vegetarisches Essen dann oft irgendwas mit Käse ist. Wenn man nun Käse allerdings nicht so gut oder eigentlich gar nicht verdauen kann, bekommt man ein Problem.
Ich befand mich gerade im Haus der nordischen Botschaften in Berlin, das nicht nur ein schönes Gebäude ist, sondern auch ein eine tolle Kantine hat. Allerdings stand da neben vielen Fleischdingen eben auch ein köstliches Kürbisgratin auf dem Menü. Von der Idee her super, praktisch aber schwierig, wenn man für jeden Happer Käse mit Gemüse und Käse auch noch eine handvoll Laktasetabletten schlucken muss. Ich war tapfer und blieb meinen Prinzipien treu, schaute mir dann aber auch für eine Weile die Toiletten des Gebäudes an, die übrigens auch ziemlich cool sind.
Ich glaube, das verdeutlicht meinen Punkt ziemlich gut. Eine größtenteils vegetarische Ernährung halte ich (für mich) für erstrebenswert, aber manchmal einfach nicht umsetzbar, weil ich einfach sehr viele Dinge nicht vertrage. Laktose ist jetzt eine Sache, aber dazu kommen ja noch verschiedenes Gemüse, Nüsse und Laktose (ich muss es einfach zwei mal nennen, weil es mich wirklich sehr einschränkt).
Als es ein anderes Mal Käsespätzle gab, aß ich Leberkäse. #sorrynotsorry

Etwas nicht zu tun ist leichter, als etwas zu tun

Ich glaube, ich habe es schon mal erwähnt, aber ich muss es nochmal sagen, weil ich das Bild sehr passend finde: Wenn es um Verzicht geht, sehe ich Menschen gern als Newton’sche Körper, die ihre Ruhe bzw. gleichförmige Bewegung beibehalten, solange keine Kräfte auf sie einwirken.

Ich entschied mich, vermutlich halbwegs bewusst, dafür, dass mein Status Quo nun keine Süßigkeiten und Softdrinks beinhaltet. So existiere ich und so bin ich und das funktioniert offensichtlich ganz gut. Ich gehe am Süßigkeitenregal vorbei und bis auf meinen Geburtstag, an dem möglichst wenig Regeln für mich gelten sollen, lehnte ich auch Kuchen und dergleichen gerne ab. Ich fühlte mich (und eigentlich auch immer noch), als müsste ich mich bewusst für Süßigkeiten entscheiden, während sich im Laufe des Jahres zuvor der Habitus einschlich, dass Süßigkeiten irgendwie zu einem ausgewogenen Einkauf gehören. Ihr kennt das ja bestimmt: Man hat recht viel Gemüse und irgendwas mit Körnern im Korb und irgendwie gehört dazu ja auch eine Schoki oder ach ja! Eis ist ja auch alle. Was ist da für ein Leben, in dem man kein Eis im Kühlschrank hat? Ein beschissenes, ganz genau!

Aber Süßigkeiten sind super, das muss man einfach zugeben. Gerade zur Osterzeit gibt es so viele spaßige Sachen und ich liebe ja diese Löffeleier, aber wenn man einfach so tut, als wäre es jetzt ein Schritt aus seiner Gewohnheit heraus, sowas zu kaufen, kommt man ziemlich gut damit klar, diesen Schritt nicht zu gehen. Vielleicht ist das ein guter Abnehmtipp für euch: Belügt euch einfach selbst.

Und direkt noch ein Abnehmtipp: Vergesst eure Cheatdays.
Normalerweise mache ich es so, dass ich Sonntags dann ein bisschen sündigen darf, aber ich hab es meistens echt einfach vergessen oder wollte nicht mehr raus. So wichtig war es mir dann einfach nicht und ich glaube, das sagt echt einiges über mich aus.

Aber wir sind hier ja jetzt gerade sehr ehrlich zueinander und da will ich es euch einfach erzählen: Es gab genau einmal den Moment, in dem ich emotional einfach nicht so auf der Höhe war und wirklich dringend Stoff brauchte. Augenzeugen mögen berichten, dass ich diese übergroße Tafel Milka sogar gekaut hätte, aber man kann davon ausgehen, dass sie einfach nicht so schnell schauen konnten, wie ich mir das Teil in den Rachen schob. Es gibt eben auch diese Momente, aber ich empfinde da keine Scham, sondern eher eine gesunde Menschlichkeit.
Genauso habe ich letzte Woche auch eine Club Mate trinken müssen, da ich zur Zeit heuschnupfenbedingt einfach sehr viel Koffein brauche. Ich finde das ok.

Wenn man seine Freunde mag, erträgt man sie auch nüchtern

Mit Freunden essen gehen und ausnahmsweise mal keinen Wein oder kein Bier dazu zu trinken, sollte eigentlich für niemanden ein wirklich nennenswertes Problem sein. Schwieriger sind da für mich aber Konzerte und diese typischen geselligen Runden, die schnell zu durchfeierten Nächten werden. Ich trinke ja durchaus ganz gerne mal, gerne auch mal ein bisschen mehr, da ist die Fastenzeit natürlich ein echt guter Anlass, es einfach mal ohne zu probieren. Das war auch für mich neu und tatsächlich konnte ich mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal nüchtern und im trinkfähigen Alter auf einem Konzert war. Sicherlich irgendwann damals, als der Führerschein noch neu und die spannenden Konzerte ein paar Dörfer weiter waren, aber eine bewusste Erinnerung habe ich daran nicht.

Jetzt war ich aber nüchtern auf einem Konzert und es war eher so na ja. Die Leute waren ein bisschen nerviger, aber Idioten pöble ich offenbar auch nüchtern an, wenn sie sich wie Idioten verhalten. Die Musik macht trotzdem Spaß und in den Beinen juckt sie nach wie vor, aber meine Güte hatte ich Bock auf Bier! Aber glücklicherweise gibt es mittlerweile auch spannende alkoholfreie Biere, die ich jetzt tatsächlich auch gerne noch weiter erkunden würde. Das von Flensburg schmeckt ekelhaft, aber das von Warsteiner schmeckt wie ein weniger süßes Malzbier, ist also genau mein Ding. Alkoholfreie Cocktails halte ich allerdings für Betrug.

Was ich aber am ehesten feststellte, ist, dass es eigentlich egal ist, ob man viel, wenig oder gar nicht trinkt, wenn die Gesellschaft stimmt. Man redet ja trotzdem gerne miteinander, auch gerne Unsinn und gackert gemeinsam so vor sich hin. Es ist natürlich absolut richtig, dass Alkohol enthemmt und man eher aus sich heraus kommt, das habe ich auch an mir beobachtet, aber die guten Leute kennen einen ja auch ent- und gehemmt und mögen bestenfalls beides ganz gerne. Es ist allerdings auch ein bisschen lustig, seine Freunde stetig betrunkener werdend zu erleben, es ist aber durchaus auch ein bisschen traurig, wenn man nicht so sehr dabei ist. Das muss man schon sagen. Das Gefühl, jetzt aber irgendwie ausgegrenzt zu sein, hatte ich nie. Gefühlt war es sogar gegenteilig, dass meine Freunde das gut fanden oder auch zum Anlass nahmen, weniger zu trinken.
Disclaimer: Den Begriff Freunde benutze ich nicht inflationär.

Sport fängt im Kopf an

Und so ziemlich da hört er bei mir auch direkt wieder auf. Ich wollte gerne easy 40 Liegestütze können. So nach dem Motto, dass mich jemand fragt, wie viele Liegestütze ich könne, und ich dann so “Na ja 40” und er so “Na zeig mal” und dann zeig ich halt 40 Liegestütze und sage noch total bei Atmen “Sag ich ja”. (Die Zahl geht auf einen Artikel, in dem es hieß, dass diejenigen, die 40 Liegestütze können, ein um 90% geringeres Risiko hätten an Gefäßerkrankungen zu leiden)

Aber als ich irgendwann mal 30 Liegestütze schaffte, weiß ich noch ganz genau, wie ich dachte, dass das ja immerhin schon 75% sind und dann war die Motivation einfach dahin. Dann kam der Heuschnupfen und die damit verbundene Kurzatmigkeit, bei der mich sogar Spazierengehen außer Atmen bringt, zu den anderen Ausreden dazu und na ja, das war es dann auch schon. Schade Schokolade (apropos). Vielleicht gehe ich das irgendwann nochmal an, aber ich will mir da selbst nicht zu viel versprechen.

Was nehme ich nun daraus mit?

Lustigerweise hält sich mein Verlangen nach Süßigkeiten immer noch sehr im Zaum. Ich muss aber mal schauen, wie das dann damit zusammen passt, dass die Ostersüßigkeiten diese Woche rapide heruntergesetzt sein werden. Wie ich das mit dem Alkohol halten werde, weiß ich noch gar nicht so genau. Zu sagen, dass ich weniger trinken werde, ist Unsinn, da ich nicht das Gefühl habe zu viel zu trinken und auch nicht bei jeder Gelegenheit trinke. Das erste Bier auf einem Ostermarkt war unglaublich köstlich und erfrischend und bei dem herrlichen Wetter genau das richtige, ging aber auch direkt in den Kopf. Das war nicht so schön, aber eine vertretbare Konsequenz. Mein Fleischkonsum wird sich vermutlich wieder nicht wirklich ändern und da jetzt ja die schöne Jahreszeit beginnt und meine Allergien sicherlich auch irgendwann wieder zu Ende sein werden, kann ich auch wieder mehr draußen sein und mit dem Longboard durch die Gegend eiern. Und von einem runterfallen und wieder aufstehen ist ja auch quasi schon mal ein Liegestütz und das läppert sich ja auch irgendwie.


2 Comments

Ihr Jonathan Frakes. (@Fadenaffe) · 23. April 2019 at 15:47

Tschüss Fastenzeit, willkommen Hedonismus! https://t.co/wdCYCNxY3F

Lesenswerte Links – Kalenderwoche 17 in 2019 - Ein Ostwestfale im Rheinland · 27. April 2019 at 8:01

[…] Tschüss Fastenzeit, willkommen Hedonismus! von und mit Marco. […]

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